Kaum ein anderes Tier hat über Jahrtausende die
Fantasie der Menschen so angeregt wie der Wolf.
Meistens war er in Märchen und Fabeln der Inbegriff
des Bösen. Heute werden Wölfe häufig als besonders
edle Tiere verklärt. Woher kommt dieses besondere
Verhältnis der Menschen zum Wolf? Da Wölfe an der
Spitze der Nahrungskette stehen, kreuzten sich die
Wege der Menschen und der Wölfe seit jeher. Als die
Menschen noch als Jäger und Sammler lebten, gehörten
Wölfe zu den Hauptnahrungskonkurrenten. Als sie
sesshaft wurden und begannen, Schafe und Ziegen zu
züchten, waren es wiederum Wölfe, die den Hirten das
Leben schwer machten; das Vieh war eine leichte
Beute, da es das natürliche Fluchtverhalten abgelegt
hatte. Aus der Sicht der Wölfe war es biologisch
absolut sinnvoll, die Nähe der Herden und damit der
Menschen zu suchen. Dabei wurden die Wölfe den
Menschen selbst aber kaum jemals gefährlich. Es gibt
so gut wie keine glaubhaft überlieferten Angriffe
von frei lebenden Wölfen auf Menschen.
Vor etwa 10.000 Jahren, begann aber auch eine
Entwicklung, die unmittelbar auf die neue, sesshafte
Lebensweise der Menschen mit festen Siedlungen und
Viehhaltung zurückzuführen ist: Die Domestizierung
des Wolfes, der heute als Stammform aller
Haushunderassen gilt. Möglicherweise begann sie so:
Manche Wölfe waren weniger scheu als andere und
anstatt die Nähe der Viehherden zu suchen, suchten
sie direkt die Siedlungen auf, um sich dort von
Abfällen zu ernähren, ein Verhalten, das Wölfe auch
heute noch in manchen Gegenden zeigen. Solche Wölfe
wurden mit den Menschen immer vertrauter und diese
lernten, sich das Rudelverhalten der Wölfe, eine
Bedingung für den engen Anschluss des Hundes an den
Menschen, nutzbar zu machen. Der Wolf bzw. der
Haushund wurde damit zum ältesten Haustier nach
Schaf und Ziege.
Der Wolf hatte ursprünglich ein riesiges
Verbreitungsgebiet. Allerdings ist er heute aus
vielen Gegenden, in denen er zu finden war, aufgrund
der Verfolgung durch den Menschen verschwunden.
Früher war er holarktisch, das heißt auf der
gesamten Nordhalbkugel, verbreitet. Durch diese
weite Verbreitung in den unterschiedlichsten Klima-
und Vegetationszonen entstand im Laufe der Evolution
des Wolfes eine große Variabilität; so unterscheidet
man über 40 Unterarten. Wolf ist bei weitem nicht
gleich Wolf: Während zum Beispiel die arabische
Unterart nur 15 kg wiegt, werden nordamerikanische
Wölfe bis zu 80 kg schwer. Entsprechend groß ist
auch die Variabilität der Wölfe in ihrem Verhalten
und ihrer sozialen Organisation. Wölfe leben
normalerweise in kleinen Rudeln von fünf bis acht
Tieren. Die Rudelgröße ist aber von verschiedenen
Faktoren, insbesondere der Art des Nahrungserwerbs
abhängig. So treten in Gegenden, in denen Wölfe die
Nähe menschlicher Siedlungen suchen, um sich von
Abfällen zu ernähren, die Tiere einzeln oder in
kleinen Gruppen auf. Auf diese Weise sind sie
unauffälliger und können den Menschen leichter aus
dem Wege gehen. In von der Zivilisation unberührten
Landschaften, wo sich die Wölfe auf die Jagd auf
große Beutetiere spezialisiert haben, sind die Rudel
größer und können maximal 20 Tiere umfassen. Hier
ist eine gut koordinierte Kooperation zwischen den
Mitgliedern eines Rudels erforderlich, um an Nahrung
zu gelangen. Im Gegensatz zu Großkatzen, die schon
aufgrund ihrer Anatomie die perfekten Jäger sind und
auch allein zu einem Jagderfolg kommen, sind Wölfe
auf Zusammenarbeit angewiesen. In solchen jagenden
Rudeln bleiben die Jungtiere auch wesentlich länger
als in Gruppen, die sich vor allem von Abfällen
ernähren; sie müssen schließlich erst lernen, wie
man erfolgreich jagt.
Das Gemeinschaftsleben der Wölfe ist durch eine
strenge geschlechtsspezifische Rangordnung
gekennzeichnet. Sowohl die Rüden als auch die
Wölfinnen haben jeweils ihre eigene Rangordnung. An
der Spitze stehen jeweils die so genannten
Alpha-Tiere, der Alpha-Wolf und die Alpha-Wölfin. In
der Regel kommen nur diese beiden Tiere zur
Fortpflanzung. Die Welpen werden aber auch von den
übrigen Rudelmitgliedern versorgt. Wenn ein oder
beide Elternteile ausfallen, so ist ein Überleben
des Wurfes, zumindest wenn er schon etwas älter ist,
immer noch möglich. Die Rangordnung der männlichen
Tiere ist labiler als die der Weibchen. Durch
spielerische Auseinandersetzungen wird sie immer
wieder auf die Probe gestellt. Zeigt der Alpha-Wolf
Anzeichen von Schwäche, können die
Auseinandersetzungen ernsthaften Charakter annehmen.
Dies kann mit der Ablösung des bisherigen
Alpha-Wolfes enden, der das Rudel verlassen muss, um
nicht getötet zu werden. Die Alpha-Wölfin behält
hingegen ihren Rang weitaus länger. Sie ist es, die
langfristig das Rudel dominiert.
Seitdem Wölfe in Mittel- und Westeuropa unter Schutz
stehen, können sich die kleinen Populationen
stabilisieren. Man hört auch hin und wieder, dass
Wölfe in Gebiete, die sie früher besiedelten, aus
denen sie aber vertrieben wurden, zurückkehren. So
leben zum Beispiel auch im Osten Deutschlands wieder
einige Wölfe, die aus Osteuropa gekommen sind. Ob
der Wolf auch in Gebieten, aus denen man ihn
verdrängt hatte, wieder heimisch wird, ist in erster
Linie von der Toleranz der Menschen abhängig, die
glücklicherweise im Wolf immer weniger die
gefährliche Bestie aus dem Märchen sehen.
Als gelbäugiges, erbarmungsloses, blutrünstiges
Schattenwesen umkreiste der Wolf die Welt des
Menschen, hauste in den Kieferwäldern des
Feuerscheins und geisterte als dunkle Macht durch
uralte Mythen. Es ist kaum verwunderlich, dass der
Mensch seit Jahrtausenden eine Art Hassliebe zu
diesem Raubtier hegt, denn der Wolf hat mit ihm
nicht nur dasselbe Territorium geteilt, er ist ihm
in vielen Punkten auch recht ähnlich. Mit Ausnahme
seines Todfeindes, des Homos sapiens ist der
Grauwolf (Canis lupus) das Säugetier mit dem größten
Verbreitungsgebiet. Schon vor 12.000 Jahren
erkannten unsere Vorfahren im Nahen Osten sein
ausgeprägtes Sozialverhalten und begannen ihn zu
domestizieren, und machten ihn damit zum Urahn aller
knapp 400 heutigen Hunderassen. Die Ergebenheit des
Wolfes seinem Rudelführer gegenüber, seine zärtliche
Fürsorge bei der Aufzucht der Jungen, seine
geschickte Jagdtechnik, sein poetisches Heulen,
selbst seine blutrünstige Natur - manchmal tötet er
nur um des Tötens willen - erscheinen wie ein
Spiegelbild der primitiven Seiten des Menschen.
Deshalb bevölkert der Wolf auch wohl so viele
Märchen und Mythen der nördlichen Hemisphäre.
Überall ist Canis lupus zu finden: auf 20000 Jahre
alten Höhlenzeichnungen in Südeuropa, in Berichten
mesopotamischer Bauern, die vor 7000 Jahren verfasst
wurden, in der Dämonologie des frühen Christentums,
in mittelalterlichen Geschichten von Werwölfen und
in Schauermärchen wie "Rotkäppchen" oder "Der Wolf
und die sieben Geißlein". Im Laufe der Zeit
verfestigte sich sein fataler, jedoch völlig
unverdienter Ruf als Inkarnation des Bösen immer
mehr. Diese Fehleinschätzung ist größtenteils das
Werk bäuerlicher Kreise in Europa, die nach einer
Rechtfertigung für die Vernichtung eines Raubtieres
suchten, das gelegentlich Appetit auf ihre Haustiere
verspürte. In Nordamerika, wo die indianischen Jäger
und Sammler keine domestizierten Vieh-, Ziegen- oder
Schafherden kannten, wurde der Wolf geachtet und
sogar verehrt. Er galt als stark und weise, als
geborener Jäger, sogar als Lehrer, dessen
Jagdtechniken der Mensch nachahmen und erfolgreich
gegen Büffel und Karibus einsetzen konnte. Doch mit
der Ankunft der europäischen Siedler im 17.
Jahrhundert begann auch in Amerika die Ausrottung
des Wolfes. Die Tatsache, dass der Wolf im Laufe der
letzten 300 Jahre sowohl in Europa als auch in fast
allen amerikanischen Bundesstaaten gänzlich
ausgerottet wurde, ist auf die Macht der bäuerlichen
Gemeinschaften zurückzuführen, die immer wieder neue
Mythen und Gesetze erfanden gegen die imaginäre
Bedrohung durch den "Großen bösen Wolf", der an der
Haustür klopft und nur darauf wartet, sämtliche
Bewohner mit Haut und Haaren zu verschlingen.
Tatsache ist, dass kein anderes Tier auf so
unverdiente Art dämonisiert und so gründlich
missverstanden wurde wie der Wolf. Nur wenige
Säugetiere weisen ein so hochentwickeltes
Sozialverhalten auf und sind ihrer Gruppe so treu
ergeben wie der Wolf. Im Gegensatz zum Kojoten und
Fuchs lebt der Wolf einzig und allein für sein
Rudel. Der berühmte "einsame" Wolf ist die seltene
Ausnahme. Meist handelt es sich dabei um schwache
Tiere, Außenseiter oder Ausgestoßene. Ein solcher
Einzelgänger muss manchmal zwischen zehn und 1000
Kilometer zurücklegen und vorsichtig die Territorien
fremder Rudel durchqueren, bis er endlich eine
Gefährtin findet, mit der er sein eigenes Rudel
gründen kann. Doch für die meisten Wölfe beginnt und
endet das Leben in einer festen sozialen Gruppe,
einem Rudel von acht bis 15 Tieren. Die Rangordnung
ist allen Mitgliedern bekannt und wird immer wieder
durch kleine Gefälligkeiten, Rituale,
Zurechtweisungen und Kämpfe aufrechterhalten.
Rudelführer sind das sogenannte Alpha-Männchen und
das Alpha-Weibchen. Die übrigen, rangniedrigen
Mitglieder sind meist direkte Nachkommen des
Alpha-Paares, so dass das Rudel im Grunde aus einer
einzigen großen Familie besteht. Einige
rangniedrigere Wölfe helfen bei der Fütterung und
Aufzucht der Welpen, die jedes Jahr im Frühling
geworfen werden. Gejagt wird meistens gemeinsam. Die
Rudelmitglieder pflegen engen Körperkontakt, ruhen
zusammen aus und heulen oft auch gemeinsam. Ihren
Anführern demonstrieren sie jeden Tag aufs neue mit
ritualisierten Verhaltensweisen ihre Ergebenheit.
Die Fähigkeit zu einem komplexen Zusammenleben
innerhalb einer Gruppe unterscheidet den Wolf von
den meisten anderen nordamerikanischen Tieren.
Rangniedrigere jüngere Wölfe verneigen sich
buchstäblich vor den Alpha-Tieren und demonstrieren
so ihre Unterwürfigkeit. Im Gegensatz zu den
dominanten Rudelführern, die mit erhobenem Bein
urinieren, nehmen viele rangniedrigere Wölfe eine
Hockstellung ein, um die Verteilung ihrer
Duftmarkierungen möglichst gering zu halten. Bei den
meisten Rudeln fungiert regelmäßig ein schwächeres
Tier als "Babysitter", hilft bei der Beaufsichtigung
der Welpen und bleibt häufig hungrig zurück, während
die Alpha-Eltern gemeinsam jagen. Beim Angriff auf
große Beutetiere wenden Wölfe eine Vielzahl von
Gruppenstrategien an. Sie werden von den
Alpha-Tieren eingeleitet, die durch Lautäußerungen,
Mienenspiel und Körpersprache ständig mit den
anderen Rudelmitgliedern kommunizieren. Eine andere
Aufgabe des Rudels besteht darin, das Territorium
gegen fremde Eindringliche zu schützen. Die Grenzen
werden streng bewacht und durch regelmäßige
Markierungsrituale alle 100 bis 200 Meter im Umkreis
des Gebietes immer wieder gesichert. Die Größe eines
Territoriums, normalerweise etwa 400
Quadratkilometer, hängt von der Dichte der
Beutetierpopulation ab. Die Wölfe innerhalb dieses
Gebietes betrachten das dortige Wild als ihre Beute.
Fremde Wölfe, die in das Revier eindringen, werden
angegriffen und gelegentlich sogar getötet.
Die meisten Menschen, die in die entlegenen
Rückzugsgebiete der letzten Wölfe vordringen,
bekommen die scheuen, geheimnisvollen Tiere gar
nicht er zu Gesicht. Sie hören höchstens von fern
ihren klagenden Gesang. Wölfe heulen zwar nicht den
Mond an, doch das Pfeifen eines vorbeifahrenden
Zuges, der Ruf eines Eistauchers oder das weit
entfernte Brummen einer Kettensäge können sie
durchaus zum Heulen animieren. Meist heult ein
Wolfsrudel jedoch vor Glück oder in nervöser
Erwartung, fällt in den Gesang eines Mitgliedes ein,
das eine frisch gerissene Beute feiert, antwortet
den Rufen eines verirrten Tieres oder reagiert auf
das drohende Heulen eines fremden Rudels, das in der
Nähe umherstreift. Jedes Rudel hat seinen eigenen,
unverwechselbaren Gesang, wobei die einzelnen Wölfe
miteinander harmonisieren wie die Mitglieder eines
schwermütigen Gesangvereins. Das seltsame
langgezogene Jaulen dauert meist zwischen ein bis
fünf Minuten und ist in stillen Nächten in der
baumlosen arktischen Tundra oft über eine Entfernung
von bis zu 250 Quadratkilometern zu hören. Das
Heulen mag zwar die bekannteste Lautäußerung des
Wolfes sein, spielt im Kommunikationssystem der
Tiere jedoch wahrscheinlich keine sehr wichtige
Rolle. Wie die meisten Raubtiere lebt der Wolf
nämlich in einer Welt, die hauptsächlich von
Gerüchen geprägt ist. Die zwanghaften
Duftmarkierungen verbinden die Rudelmitglieder durch
den Geruchssinn miteinander. Wölfe verspritzen ihren
Urin auf Baumstümpfe, Felsen, Beuteplätze und
markieren mit ihren Duftdrüsen Baumstämme, gerissene
Beutetiere und andere Rudelmitglieder. Genau diese
Gerüche veranlassen Eindringlinge normalerweise
sofort, sich schleunigst zurückzuziehen. Die
Hierarchie innerhalb eines Rudels wird nicht durch
geruchsbedingte Signale vermittelt, sondern auch
durch Körperhaltung und Mienenspiel. Welpen lernen
schon sehr früh, dass Unterwerfung durch eine ganz
bestimmte Demutshaltung ausgedrückt wird. Dabei hält
das Tier den Kopf gesenkt, die Augen abgewandt, die
Ohren flach angelegt und das Maul geschlossen. Im
Gegensatz dazu bedeuten Zähnefletschen, Fixieren des
Gegners, Aufstellen der Ohren und Sträuben der
Nackenhaare, dass Vorsicht geboten ist oder sogar
ein Kampf bevorsteht. In der Gemeinschaft der Wölfe
sind Mienenspiel, Körpersprache und Duftmarkierungen
ritualisiert. Sie werden von allen verstanden und
dienen dem Zusammenhalt des Rudels. Dieser
Zusammenhalt wird in den späten Wintermonaten mit
Beginn der Ranzzeit jedes Jahr erneut auf eine harte
Probe gestellt. Wenn die dominante Wölfin des
Rudels, in der Fachsprache des "Alpha-Weibchen"
genannt, läufig wird, sind Kämpfe an der
Tagesordnung. Die männlichen Tiere, allen voran das
dominante Alpha-Männchen, beschnüffeln, verfolgen
und bedrängen die läufige Wölfin, in der Hoffnung,
erhört zu werden. Die Alpha-Wölfin muss
währenddessen ihre Autorität in der Gruppe durch
Kämpfe mit rangniedrigen Wölfinnen behaupten. Es
herrschen rauhe Sitten, Knurren und Heulen nehmen
immer mehr zu. Wenn die Spannung ihren Höhepunkt
erreicht, entschließt sich das dominante Paar in den
meisten Fällen, seine lange Partnerschaft erneut zu
besiegeln und sich zu paaren. Entgegen der
weitverbreiteten Meinung sind Wölfe nicht unbedingt
monogam. Sie wechseln gelegentlich den Partner, wenn
auch nicht sehr häufig. In den meisten Rudeln, mit
Ausnahme sehr großer Gruppen von 15 bis 20 Tieren,
paaren sich die übrigen ausgewachsenen Tiere nicht
und verbleiben ohne Nachkommen. Etwa 63 Tage nach
der Befruchtung (die Tragzeit entspricht der des
Hundes) werden die Welpen in einem unterirdischen
Bau geworfen. In Texas ist es im Februar oder März
soweit, in der arktischen Tundra oft erst im Juni.
Während der ersten zwei Wochen sind die Jungen
blind. Sie leben im Dunkeln und tun nichts anderes
als saugen und schlafen. Nach etwa drei Wochen
werden die Welpen von der Mutter mit der Schnauze
durch den Tunnel nach draußen getragen, um die Welt
kennen zu lernen. Jetzt beginnt eine neue
Lebensphase außerhalb der Höhle. Feste Nahrung, die
aus halbverdauten, ausgewürgten Fleischbrocken
besteht, gehört mit zur Initiation der Welpen.
Ältere Jungtiere helfen den Eltern. Sie passen auf
die Kleinen auf, bringen Futter und dienen den
einzigen Nachkömmlingen des Rudels als
Spielgefährten und Klettergerüst. Während die Welpen
heranwachsen, werden sie immer weiter vom Bau
weggeführt. Sie lernen die Pfade, Gerüche und
potentiellen Beutetiere kennen und werden in die
Jagdtechniken des Rudels eingeweiht. Schon bald
verstehen sie das warnende Knurren und
Zähnefletschen der Erwachsenen. Wissenschafter haben
beobachtet, wie ausgewachsene Wölfe zu jagen
begannen und sich dann abrupt zurückzogen, um den
Jungtieren das Feld zu überlassen und zu beobachten,
wie geschickt sie das Beutetier einkreisten und wie
gut sie seine Schwächen einschätzten. Im Oktober
sind die Welpen fast ausgewachsen und vollständig in
das Rudelleben integriert. Einige bleiben ihr Leben
lang im Rudel. Wölfe haben eine Lebenserwartung von
etwa neun Jahren. Andere sondern sich nach ein oder
zwei Jahren ab und werden zu "einsamen Wölfen", die
oft auf der Suche nach einem geeigneten Gefährten
weite Strecken zurücklegen. Während dieser Zeit
führen sie ein gefährliches Leben, denn als
Eindringlinge können sie leicht von alteingesessenen
Rudeln angegriffen oder sogar getötet werden. Wenn
der einsame Wolf Glück hat, trifft er auf einen
zweiten Wolf, der ebenfalls auf der Suche nach einem
Partner in der Nähe umherstreift und versucht, sich
vor fremden Rudeln zu schützen. Allmählich nehmen
die Bestände in einigen Gebieten wieder zu, weil
einsame Wölfe, die einen Partner gefunden haben,
ihre eigene Rudel gründen.